Die
Theorieentwicklung der letzten Jahrzehnte hat dem
Textbegriff eine außerordentliche Karriere
beschert. Ob Proust, die Tageszeitung oder der
Fernsehschirm alles Text, schrieb Roland
Barthes. Im Zeichen des Hypertexts scheint diese
Linie der Literaturtheorie ebenso forciert
fortgesetzt werden zu können wie ihr
rezeptionsästhetisches Pendant, wonach jeder
Text erst im Akt der Lektüre zum Leben
erwacht. Andererseits haben gerade Hypertexte mehr
Eigenleben als alle Manifestationsformen zuvor,
während ihr Textstatus im selben Maß
durchaus prekär zu nennen ist. Als Programme,
die sie sind, scheinen sie (nach Derridas
grammatologischem Hinweis) ganz dem "Bereich der
Schrift" subsumiert werden zu können. Um aber
zu laufen, müssen Programme nicht nur in
andere Codes übersetzt (assembliert und
kompiliert), sondern letztlich in Bit-maps, d.h.
physikalische Zustände von
Halbleiterbauelementen verwandelt werden. Und hier
stößt alle Kunst des Lesens und
Schreibens an eine Grenze. Um diese Grenze soll es
gehen, und zwar anhand konkreter Beispiele aus der
Geschichte der (literarischen) Fußnote und
des Hyperlinks sowie anhand von Thomas Hettches
Romanessay "Animationen" und seiner
Internet-Anthologie "Null".
Dr. phil. /
Forschungsdirektor für Literatur- und
Wissenschaftsgeschichte am Zentrum für
Literaturforschung Berlin / Projektleiter am
Kulturwissenschaftlichen Forschungskolleg "Medien
und kulturelle Kommunikation" der Universität
zu Köln (Teilprojekt: "Archäologie der
Medientheorie") / Buchpublikationen u.a. zu Thomas
Mann; Communication & Control in Literatur und
Technik; Wahrnehmung und Geschichte; Geschichte von
Poesie und Imagination
zum
Beitrag
|